Der Regenstein fällt in Nord- und Nordöstlicher Richtung steil ab. Der höchste Punkt des Regensteins befindet sich aber nicht bei der Felsenburg, sondern auf einer Bergspitze nordöstlich der Festung.
Anmerkung:
Zur Betrachtung des Geländes waren schon damals Ferngläser notwendig. Die Erfindung war gemacht und bekannt, aber längst noch nicht im Feld verbreitet. Der Festungsbau wurde bereits wissenschaftlich und unter Berücksichtigung der Ballistik betrieben. Geschützkunde und wehrtechnische Geometrie wurde gelehrt, aber meist von ungebildeten Offizieren umgesetzt.
Zur Zeit der Festung Regenstein hatten Festungen noch den Status des "uneinnehmbaren Wehrbaus". Selbst durch die erfolgreichen Belagerungen von Festungsanlagen durch Vauban wurde dieser Gedanke weiter getragen. Isolierung und Umgehung von starken Festungen prägten sich erst mit Napoleon in die Kriegskunst ein.
Zur Verteidigung gegen diesen erhöhten Punkt wurden die Bastion Neu-Brandenburg, das Bollwerk Wilhelmsburg und die Bastion Mühlberg, sowie zahlreiche Erdschanzen errichtet. Dadurch, dass sich die Festung dem Gelände anpasste, wurde aber die Ausdehnung der Festungsanlagen vergrößert, was einen erhöhten Personal- und Artilleriebedarf zu Folge hatte.
Zwischen der Bastion Neu-Brandenburg und dem Bollwerk Wilhelmsburg musste ein Graben in den Fels gesprengt werden.
Eine Breschierung des Felsgrabens und der Böschung des Bollwerks Wilhelmburg war kaum möglich. Selbst schwerste Artillerie hätte mit dem Felsen Probleme gehabt und nur die Mauern niedergelegt. Verschüttung des Grabens und damit Sturmangriff durch Infanterie sind sehr unwahrscheinlich zu dieser Zeit und die Breite des Grabens sieht wissenschaftlich berechnet aus. Wahrscheinlich wurde das ausgesprengte Material zum Bau der Mauern verwendet.
Anmerkung:
Da zur damaligen Zeit der ingenieurtechnische Bau von Wehranlagen bereits bekannt war, konnten durch Berechnungen der Einfall durch Beschuss mit Vollkugeln, Volumen des Abbruchs und die Aufnahmefähigkeit des Grabens berechnet werden. Daraus ergaben sich aus Sicht der Festung die Standfestigkeit und aus Sicht der Belagerer die Erfolgsaussichten eines Angriffs.
Der Nachweis von sogenannten "Bären" * im Graben ist nicht gegeben, obwohl mindestens eine Palisade den Graben gegen Querbeschuss schützen müsste. Damals war das Stand der Technik.
* Als Bären bezeichnete man im Festungsbau Bauten, die einen Festungsgraben in Abschnitte unterteilten, die von Infanterie oder kleinkalibrigen Kanonen bestrichen werden konnten. War ein Gegner in den Festungsgraben eingebrochen, so konnte er sich nicht völlig frei bewegen, sondern musste Kreuzfeuer fürchten. In einfachen Fall waren es nur Palisaden und im schweren Fall Gangbauten mit Schießscharten.
Ein Zugang zur Bastion Neu-Brandenburg ist (2018) nicht vorhanden. Damit ist natürlich auch eine genauere Beschreibung der Anlage nicht möglich. Wahrscheinlich wurden auch hier vorhandene Felsformationen sprengtechnisch zur Wehranlage ausgeformt. Erdschanzen im Vorfeld der Bastion verstärkten die Festung.
Wie bei allen Festungen der damaligen Zeit wurden Infanterieausgänge und Ausfallpforten in den Festungsbau mit eingeplant. Heute noch sichtbar ist der Infanterieausgang an der Bastion Friedrichsburg. Über einen Felsabsatz mit Treppe geht es zu einer Erdschanze. Damit sollte eigene Infanterie einen Ausfall machen, um einen Angriff zu machen oder einem gegnerischen Angriff zuvor zu kommen.
Ein Infanterieausgang durfte die Wehranlage nicht erheblich schwächen, aber durch befestigte Anlagen vor der Festung einen geballten Angriff ermöglichen. Die Erdschanze vor der Festungsmauer bildete einen Sammelpunkt für den Ausfall.
Anmerkung:
Um 1757 zählte das Leben eines Soldaten nichts! Das Anstehen im Infanterieausgang unter dem Einschlagen und Zischen von Musketenkugeln war nicht freiwillig, sondern weil die Soldaten Angst vor den eigenen Offizieren hatten. Der Einschlag einer Kanonenkugel aus Eisen hatte keine Explosion zur Folge, wie im TV oft gezeigt. Es war schlimmer: Solange Energie in der Kugel war, sprang diese im Gang hin und her. Es wurden Körper zerfetzt und Gliedmaßen abgerissen. Selbst mittelschwere Verwundungen waren oft tödlich.
Der Infanterieausgang ermöglichte den Ausfall in drei Richtungen: unterhalb der Bastion Neu-Brandenburg, hangabwärts und unterhalb der Bastion Friedrichsburg.
Ausfälle von Infanterieeinheiten war ein übliches Vorgehen bei der Verteidigung von Festungen. Damit sollte die ingeneurtechnische Annäherung an die Wehranlagen gestoppt und behindert oder einem gegnerischen Angriff zeitmäßig zuvor gegekommen werden. Wurde ein solcher Ausfall robust vorgetragen, hielten sich die eigenen Verluste durch das Überraschungsmoment meist in Grenzen.
Die gerade Bauweise auf dem Regenstein entsprach nicht dem Stand der Technik! Durch Z-Bauweise des Ganges wurde auch zu dieser Zeit schon ein konzentrierter Beschuss von Infanterieausgängen gestört. Bei entsprechender Bauweise der Mauern und dem Vorhandensein von auseichend Geschützen zur Ünterstützung des Ausfalls, war die eigene Infanterie dem Gegner deutlich überlegen.
Anmerkung:
Nach den Vorgaben von Vauban mit einer robusten Belagerung, hätte man die Bastion Neu-Brandenburg zerstört und dort eine überhöhte Gegenschanze errichtet. Französische Ingenieurtruppen wären dazu in der Lage gewesen. Danach hätte ein Beschuss mit schwerer Artillerie begonnen, die die Verteidigung der Festung Regenstein unwirksam gemacht hätte.
Falls die Besatzung nicht schon demoralisiert wäre, hätte man sich mit Sappen an die Festung heran gearbeitet und Mörser in Stellung gebracht. Die Schwachstelle der Festung Regenstein wäre in dieser Phase bereits zu Tage getreten. Robuster Artilleriebeschuss auf diese Schwachstelle und ein folgender Angriff der Infanterie, hätte zu mindest eine Teileroberung der Festung nach sich gezogen.
Ein Bombardement mit schwerer Artillerie aus westlicher Richtung hätte jeden Transfer auf dem Festungsgelände behindert.
Das Zerlegen von Geschützen in einzelne Bauteile ist seit Anbeginn der Artillerie nachweisbar. Selbst für schwerste Belagerungsartillerie hätte man Möglichkeiten gefunden, die Kanonen auf den Felsen zu bringen.
Auch wenn schwere Belagerungsartillerie nur wenige Schuss pro Tag abgeben konnte, dürfte jeder Einschlag eines diese Geschosse demoralisierend gewesen sein. Durch Sappen wurden Mörser auf ca. 200 m Schussweite in Stellung gebracht und Explosionsgeschosse im Steilschuss über Mauern "geworfen". Ausgerichtet wurden die Mörser durch einen Kanonier. Abgefeuert durch Hilfskräfte - die Zielgenauigkeit unwichtig. Geladen wurde die Treibladung und die Sprengkugel mit Zeitzünder, die durch den Kanonier berechnet wurde.
In der Sprengkugel befand sich nicht immer ein Sprengsatz. Die Kugelhülse zerplatzte in Metallteile und innenliegender Kalk bildete eine Wolke, der sich auf Wunden niederlegte. Schlimme, offene Wunden waren die Folge.
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